Info: koordinative Fähigkeiten
Die koordinativen Fähigkeiten sind Fähigkeiten, die primär durch die Prozesse der Bewegungssteuerung und Bewegungsregelung bestimmt werden. Sie befähigen den Sportler, motorische Aktionen in unvorhersehbaren Situationen sicher und ökonomisch zu beherrschen und sportliche Bewegungen relativ schnell zu erlernen. Ganz allgemein werden die koordinativen Fähigkeiten benötigt, um Situationen zu meistern, in denen ein schnelles und zielgerichtetes Handeln erfordert wird. Die Gewandtheit ist demnach auch in der Unfallprophylaxe von grösster Wichtigkeit.
Die koordinativen Fähigkeiten stehen in einer engen Wechselbeziehung zu den konditionellen Faktoren. Man spricht von Koordination, wenn man die Steuerung oder Regulation der Motorik meint und von Kondition, wenn man an die Energie oder die mechanische Arbeit denkt. Unter (Bewegungs-)Koordination versteht man einen komplexen Prozess zur Regulierung von Muskelaktivitäten bei der Realisierung von Bewegung.
Gut entwickelte koordinative Fähigkeiten ermöglichen uns, unsere Bewegungen optimal den äusseren und inneren Bedingungen anzupassen und Bewegungsfertigkeiten ohne grossen Aufwand zu lernen, zielgerichtet anzuwenden und zu variieren.
Grundlage für die Bewegungsregulation ist der ständige Informationsaustausch zwischen dem zentralen Nervensystem (ZNS) und den Rezeptoren in Muskeln, Bändern, Sehnen und Gelenken. Durch diesen Austausch ist der Körper fähig, die Bewegungen zu koordinieren.
Die Motorik besteht aus zwei Bereichen, welche beide durch Koordination gesteuert werden. Zum einen ist dies die Zielmotorik und zum andere die Stützmotorik. Zielmotorik umfasst Bewegungen, die mit einer bestimmten Absicht ausgeführt werden und somit auch bewusst gesteuert werden. Unter Stützmotorik fallen alle unbewusst ausgeführten Arbeiten zur Stabilisierung der Gelenke und des Rumpfes sowie der Gleichgewichtssinn.
Durch Lernen können im Nervensystem neue Verbindungen hergestellt oder die bestehenden Verbindungen durchlässiger gemacht werden. So können Bewegungen automatisiert werden, eine einmal automatisierte Bewegung aber zu korrigieren, wird jedoch schwierig. Daher gilt, dass Neulernen einfacher ist als Umlernen. Für die Schulung der koordinativen Fähigkeiten ist deshalb eine von Beginn an korrekte Ausführung der Bewegung wichtig.
Gemeinsam mit den kognitiven Fähigkeiten ermöglichen die koordinativen Fähigkeiten unter anderem:
sich im Gelände, in einem Raum oder auf dem Spielfeld zu orientieren;
das Gleichgewicht zu halten oder nach kurzzeitigem Verlust rasch wieder zu finden;
sinnvoll und effizient auf unterschiedliche Signale zu reagieren;
rasch und leicht den Rhythmus einer Bewegung zu erfassen und umzusetzen;
Bewegungsaufgaben situationsgerecht und ökonomisch zu lösen;
vorhersehbare und überraschende Situationen im Sport und im Alltag sicher zu bewältigen;
neue Bewegungsabläufe leicht und rasch zu erlernen.
Erscheinungsformen der Koordination
Die koordinativen Fähigkeiten werden gemäss Jugend und Sport in fünf verschiedene Bereiche gegliedert. Diese Unterscheidung ist eine für die Praxis sehr nützliche und ausreichende Differenzierung. In der Theorie werden aber noch weitere koordinative Fähigkeiten unterschieden.
Gleichgewichtsfähigkeit: Die Gleichgewichtsfähigkeit ermöglicht es, das Gleichgewicht auch in anspruchsvollen Situationen zu halten oder möglichst rasch wieder zu erlangen.
Orientierungsfähigkeit: Die Orientierungsfähigkeit ermöglicht es, Veränderungen in Raum und Zeit zu erkennen und im eigenen Bewegungsablauf zu berücksichtigen.
Differenzierungsfähigkeit: Die Differenzierungsfähigkeit erlaubt es, innere und äussere Informationen wahrzunehmen und gegeneinander abzuwägen. Es geht um das Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsphasen und Körperbewegungen.
Reaktionsfähigkeit: Die Reaktionsfähigkeit ermöglicht es, auf Signale oder eine veränderte Situation möglichst schnell eine präzise und situationsgerechte Bewegungsantwort einzuleiten.
Rhythmisierungsfähigkeit: Die Rhythmisierungsfähigkeit erlaubt es, Bewegungsabläufe rhythmisch zu gestalten oder einen vorgegebenen Rhythmus aufzunehmen und in Bewegung umzusetzen.
Die koordinativen Fähigkeiten müssen trainiert werden, sind jedoch bei allen Menschen vorhanden, unabhängig von ihrem Trainingsstand. Daher sind die Begriffe Fertigkeit und Technik abzugrenzen, welche erlernten und geübten Bewegungsabläufen entsprechen, die nicht bei allen Menschen vorprogrammiert sind.
Methodische Aspekte des Koordinations- und Techniktrainings
Das Kindesalter ist die Entwicklungsphase mit dem grössten Lernerfolg. Dies gilt auch fürs Koordinationstraining. Je früher Kinder die Gelegenheit erhalten ihre sensomotorischen Fähigkeiten zu erproben und wichtige (erste) Bewegungserfahrungen zu sammeln, desto besser können sie ihr Potential ausschöpfen und desto vielseitiger sind ihre technischen Fertigkeiten. Die Förderung der koordinativen Fähigkeiten muss deshalb bereits im frühen Kindesalter durch vielseitige Lernsituationen erfolgen.
Obwohl die einzelnen Komponenten der koordinativen Fähigkeiten zwischen dem siebten Lebensjahr und der Pubertät ihren grössten Entwicklungsschub haben, kann die Koordination bis ins hohe Erwachsenenalter trainiert und verbessert werden.
Koordination hat sehr viel mit einer Art Systemsteuerung zu tun; wer koordinieren kann, steuert sein Bewegungsverhalten zielgerichteter. Koordination verspricht mehr Orientierungssicherheit (dank Ordnung im System) und somit auch eine grössere Erfolgswahrscheinlichkeit in der Gestaltungsfreiheit. Für das Training der koordinativen Fähigkeiten und die Verbesserung der Technik gelten folgende Grundsätze:
Es gilt das Prinzip der ständigen Variation und Kombination der Übungsmethoden und –inhalte. Je mehr Bewegungserfahrung gemacht wurde, desto breiter ist das Repertoire an Koordinationsmuster, was das Erwerben neuer Fertigkeiten erleichtert.
Beim Training müssen die Lernziele an die individuellen Voraussetzungen und die situativen Bedingungen angepasst werden.
Innen- und Aussensicht der Bewegungsausführung müssen reflektiert werden (mental akzentuierte Lehr- und Lernformen). Inneres Empfinden des Lernenden ist dabei wichtiger als die Aussensicht.
Die Lernprozesse können durch kognitive Herausforderungen optimiert und beschleunigt werden.
Neues erlernen ist einfacher als Umlernen, daher müssen von Beginn weg die richtigen Bewegungsmuster geübt werden.
Nur durch lebenslanges Lernen kann ein Lern- und Anpassungsfähigkeit des motorischen Steuerungssystems erhalten werden. Es gilt aber die koordinativen Fähigkeiten unbedingt rechtzeitig, bereits im Kindesalter, zu schulen.
Koordinationstraining wird nicht im ermüdeten Zustand durchgeführt (darum z.B. auch der Grundsatz: Koordinations- vor Konditionstraining).